2017 – Jahresbericht

An dieser Stelle berichte ich Ihnen üblicherweise über ein paar Aspekte der ukrainischen Politik, da diese ja einen nicht kleinen Einfluss auf das Leben der Menschen auch in den Unterkarpaten haben.

Seit jeher leben in diesem Gebiet die verschiedensten Nationalitäten friedlich miteinander. Nun kam es in den letzten Jahren immer mal wieder vor, dass Unbekannte das Denkmal auf dem Verecke-Pass in den Karpaten geschändet haben. Dieses Denkmal – ohne jegliche Symbolik oder Inschriften – erinnert daran, dass die Ungarn unter Árpád vor über 1000 Jahren hier in das Karpatenbecken kamen und es besiedelten. Die nationalistischen Tendenzen in der Ukraine nehmen aber sichtbar zu. Jüngst gab es einen Aufmarsch vermummter Anhänger dieser Bewegung in der Kreisstadt Beregszász und vor dem ungarischen Konsulat. So wird versucht, in das friedliche Gebiet der Unterkarpaten Unruhe und Streitigkeiten von außen hineinzutragen.

Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man sich nur einmal die offizielle Minderheitenpolitik der Ukraine ansieht. Im Herbst wurde nun vom ukrainischen Parlament das schon im Vorfeld umstrittene und befürchtete Sprachengesetz verabschiedet. Es sieht vor, dass beginnend ab 2018 der Unterricht an allen Bildungseinrichtungen ab dem 5. Schuljahr nur noch in Ukrainisch erfolgen wird. Ausnahme ist lediglich – im Falle Unterkarpaten – das Fach „Ungarische Sprache und Literatur“. Daraufhin gab es vehemente Reaktionen der betroffenen „Mutterländer“. Der russische Außenminister Lawrow protestierte heftig gegen das neue Gesetz, Rumäniens Präsident Johannis hat seinen kurz bevorstehenden Besuch in der Ukraine abgesagt und den ukrainischen Parlamentspräsidenten wieder ausgeladen. Ungarn will allen weiteren Schritten der Annäherung von Kiew an die EU entgegentreten.

Überhaupt hat die Ukraine ein sehr eigenes Verständnis von Minderheit, wenn sie sagt, eine Minderheit sei nur ein Volk, das kein eigenes Vaterland besitze. Das trifft auf Russen, Polen, Rumänen, Ungarn, Deutsche in der Ukraine jedenfalls nicht zu.

Das bereits beschlossene Sprachengesetz hat aber noch zwei weitere Punkte, über die aufgrund der Diskussionen und internationalen Verwicklungen momentan noch Stillschweigen herrscht.
In der Öffentlichkeit darf zukünftig nur noch ukrainisch gesprochen werden. Das betrifft Theater und Kino ebenso wie Büros, Geschäfte, die Gottesdienste in der Kirche wie natürlich auch die Gespräche auf der Straße. Wer nicht ukrainisch kann, braucht einen Dolmetscher, so die Lesart des Gesetzes. Das Ganze soll durch eine „Sprachpolizei“ überwacht und geahndet werden, für die schon 2016 Leute angeworben wurden.
Und schließlich die Frage der doppelten Staatsbürgerschaft. Wer später eine andere Staatsbürgerschaft angenommen hat, verliert automatisch die ukrainische.

Die betroffenen Länder werfen Kiew eine deutliche Beschneidung der Minderheitenrechte vor – wohl nicht zu Unrecht. Aber solange, wie die internationale Staatengemeinschaft die Politik der Ukraine mit viel Geld honoriert, wird sich daran wohl nichts ändern.

Lassen Sie mich aber nun davon berichten, wie wir mit unseren Möglichkeiten den Menschen helfen.

Hilfstransporte

Fünf Hilfstransporte konnten wir in diesem Jahr auf die Reise schicken. Mit dabei waren u. A. wieder Feuerwehr-Bekleidung und Erwachsenen-Windeln, aber auch eine Gitarre und zwei Geräte für die Therapie in der Reha-Einrichtung für behinderte Kinder. Auch das Schulmöbel für ein Klassenzimmer, 17 Tische und 34 Stühle, konnte endlich auf die Reise gehen.

Schulmöbel in Deutschland
Schulmöbel in der Ukraine

Weihnachtspäckchenaktion

Es macht uns immer wieder sprachlos und sehr dankbar, wie jedes Jahr eine solch große Spendensumme für die Aktion „Weihnachtsfreude“ zusammenkommt.

Auch wenn wir an dieser Stelle verständlicherweise noch nicht über genaue Zahlen berichten können, so gehen wir dennoch davon aus, dass wir auch in diesem Jahr rund 6.500 Kinder mit einem tollen Weihnachtsgeschenk überraschen können. Ein wichtiges Zeichen, wie wir meinen. Macht es doch den Kindern und auch ihren Eltern deutlich: es gibt Menschen, die an unserer Seite stehen und an uns denken.

Ganz herzlichen Dank an alle Spender und Beter!

Persönliches

Diese „Spende“ der besonderen Art hat uns im vergangenen Jahr sehr berührt.

Eine Frau aus dem Vogtland hatte schon jahrelang ein Herz für die Unterkarpaten und unsere Arbeit immer wieder unterstützt.

Leider ist sie Ende 2016 gestorben. Im Laufe des Jahres haben wir erfahren, dass sie unseren Hilfsverein in ihrem Testament bedacht hat und die Not der Menschen in den Unterkarpaten ihr über den Tod hinaus ein Anliegen gewesen ist. Wir gedenken ihrer in dankbarer Erinnerung.

Projekte und Unterstützungen

Im Rehabilitationszentrum „Vergissmeinnicht“ (früher „Alte Mühle“) in Vári ist auch in diesem Jahr Neues entstanden, wenngleich es auch – vor allem aus Arbeitskräftemangel – nicht mehr so schnell vorwärts geht wie in früheren Jahren. Neben den Dingen, die ich im Halbjahresbericht erwähnt habe, wurde ein Schuppen für die Lagerung von Brennholz errichtet und Wege asphaltiert, damit die Behinderten ebene Flächen für das angstfreie Fahren mit Rollator oder Fahrrad mit Stützrädern nutzen können.

asphaltierte Wege
bei der Behandlung
Spielgeräte im Außenbereich

Aktuell erhalten im Reha-Zentrum 42 Kinder eine Therapie, die von Physio- und Ergotherapie über Mithilfe in der Küche oder Arbeit in der kleinen Behindertenwerkstatt bis zum Üben von Zähneputzen oder gar leichten Schulunterricht reicht.

Mithilfe in der Küche
bei der Lichttherapie
Herzen aus der Behindertenwerkstatt

Im neuen Jahr soll ein zweiter großer Behandlungsraum im Obergeschoß des Hauptgebäudes entstehen. Erste kleine Vorarbeiten sind dort schon gemacht. Derzeit noch offen ist die Lösung für einen Fahrstuhl. Auch an eine Erweiterung der kleinen Tischlerwerkstatt ist gedacht.

Spenden für das Rehabilitationszentrum „Vergissmeinnicht“ bitte mit dem Kennwort: Behinderte

Auch József, der behinderte Junge, den wir schon seit mehreren Jahren begleiten, haben wir in diesem Jahr wieder unterstützt. Er hat im nächsten Jahr Konfirmation und ist inzwischen schon fast ein junger Mann geworden. Noch immer fährt er mit seiner Familie einmal pro Woche zur Behandlung nach Ungarn, die ihm nach wie vor hilft und sehr erfolgreich ist. Das Reha-Zentrum in Vári besucht er momentan nicht, weil dort derzeit leider kein Masseur ist.

Die Feuerwehr in Dercen freut sich über weitere Einsatzkleidung und auch eine finanzielle Unterstützung durch unseren Verein. Ein weiterer Grund zur Freude ist die kürzliche Gewinnung von sechs neuen Feuerwehrmännern, die auch allesamt einen LKW-Führerschein besitzen und damit die Feuerwehrautos fahren können. Damit gehören zur kirchlichen Freiwilligen Feuerwehr in Dercen nun 42 Kameraden, wovon allerdings nur etwa die Hälfte einsatzbereit ist. Der Rest arbeitet im Ausland.

Ein erfreulicher Lichtblick ist auch, dass die gesetzliche Regelung, wonach alle in die Ukraine eingeführten Fahrzeuge die Abgasnorm Euro 5 erfüllen müssen, für Feuerwehrfahrzeuge wieder aufgehoben wurde.

Hilfsvereins-Geschäftsführer Christian Ehrler (rechts) bei der Übergabe von Einsatzkleidung an Pfarrer Miklós Zsukovszky, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Dercen

Der „Christliche Diakonische Hauspflegedienst“ arbeitet nun schon ein Jahr (ich berichtete im Halbjahresbericht bereits davon). Die Arbeit in Beregszász und neuerdings in Vári läuft sehr gut. Geplant ist eine Erweiterung der Tätigkeit auf die Gebietshauptstadt Ungvár und die Gemeinde Csongor.

In der diesjährigen Adventszeit wird die Kantorenfamilie Kovács aus Vári zu verschiedenen Auftritten hier im Vogtland sein und die Zuhörer mit bekannten und unbekannten Advents- und Weihnachtsliedern in ihrer ungarischen Muttersprache erfreuen. Die ganze Familie ist sehr musikalisch. Dániel, der große Sohn, ist ein sehr talentierter Geigenspieler, der bereits bei einem Talentewettbewerb im ungarischen Fernsehen einen vorderen Platz belegt hat.

Herzlichen Dank, dass Sie das alles durch Ihre Hilfe und Unterstützung möglich machen.

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Ganz herzlichen Dank für alle Ihre Unterstützung, für Ihr Interesse, Ihre Mitarbeit und Engagement, für Ihre Gebete und Ihre Spenden in diesem zu Ende gehenden Jahr 2017.

Wir dürfen dadurch ein großes Maß an Dankbarkeit und Liebe weitergeben und den Menschen in den Unterkarpaten immer wieder kleine und große Zeichen der Hoffnung und Verbundenheit schenken. Herzlichen Dank, dass Sie uns so treu verbunden sind. Wir staunen darüber, dass Gott immer wieder Menschenherzen bewegt und zum Helfen bereit macht.
Besonders dankbar sind wir für alle Bewahrung auf den Reisen.  Auch im neuen Jahr 2018 brauchen wir Sie und Ihre Hilfe und bitten sehr herzlich um Ihre Unterstützung. Es wäre schön, wenn die notleidenden Menschen in den Unterkarpaten Ihnen weiterhin Herzenssache sind. 

Und bitte machen Sie die Arbeit und Projekte des Hilfsvereins Unterkarpaten auch unter Ihren Verwandten, in Ihrem Bekannten- und Freundeskreis, bei Ihren Arbeitskollegen und Mitschülern sowie in Gemeindekreisen und Vereinen  bekannt. Wir freuen uns auf Ihre Ideen und Aktivitäten.

Wir waren auch in diesem Jahr wieder zu einigen Vorträgen unterwegs. Gern kommen wir auch zu Ihnen und berichten über die Unterkarpaten und seine Menschen, das Leben der Christen dort und unsere Arbeit sowie über die aktuelle Lage. Anfragen richten Sie bitte an den Geschäftsführer.

Hinweisen möchte ich auch auf die Möglichkeit für junge Leute, als Freiwillige ein „Diakonisches Jahr im Ausland“ in der Reformierten Kirche der Unterkarpaten zu leisten. Es werden immer wieder Freiwillige gesucht, da die Ukraine nicht unbedingt zu den bevorzugten Zielländern der jungen Leute gehört. Interessenten wenden sich zur Weitervermittlung ebenfalls an den Geschäftsführer.

Bischof Sándor Zán und Pfarrer Péter Szeghljánik lassen Sie ganz herzlich grüßen.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien ein frohes Christfest und Gottes Segen für das neue Jahr!