2017 Halbjahresbericht
Das mediale Interesse hat heute andere Schwerpunkte und der Konflikt im Osten der Ukraine wird nur von Zeit zu Zeit einmal kurz wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Aber für die Menschen in der Ostukraine bleibt der Krieg weiterhin grausamer Alltag und immer wieder sterben Menschen. Und die Folgen erschüttern das ganze Land.
Die Ukraine ist nun augenscheinlich gewillt, das umstrittene Sprachgesetz durchzusetzen. Es sieht tatsächlich so aus, als würde das ukrainische Parlament dem zustimmen. Aus heutiger Sicht ist nicht absehbar, welche Folgen das haben wird. Das bedeutet, dass in der Ukraine zumindest in der Öffentlichkeit nur noch ukrainisch gesprochen werden soll und alle Sprachen der Minderheiten im Land verboten werden. Das soll durch eine „Sprachpolizei“ überwacht und kontrolliert werden. Verstöße sollen geahndet werden. Freilich zielt das in erster Linie gegen Russland und den ganzen Osten der Ukraine, denn dort wird überwiegend russisch gesprochen. Selbst in Kiew ist russisch nicht unüblich.
Aber die wirklichen Minderheiten wie Ungarn, Slowaken, Polen, Rumänen, Deutsche usw. sind davon ebenso betroffen. Von ungarischer Seite wurden in den Unterkarpaten schon mehr als 65.000 Unterschriften dagegen gesammelt.
Man spricht davon, die Ukraine betreibe damit „Selbstmord“, denn die russischsprachige Mehrheit im Osten wird sich das nicht ohne Weiteres bieten lassen. Man rechnet mit größeren Widerständen. Und eigentlich steht das auch im Gegensatz zu den Minderheitenrechten in der EU, deren Mitglied die Ukraine wohl gern werden will. Schließlich stellt sich die Frage, ob die Ukraine grundsätzlich keine wichtigeren und dringenderen Probleme zu lösen hat.
Das sind nur ein paar wenige Eindrücke, wie das Leben der Menschen in den Unterkarpaten derzeit aussieht und was sie – neben ihren ganz alltäglichen Sorgen und Problemen – beschäftigt. Nach wie vor helfen wir nach unseren Möglichkeiten, von denen ich Ihnen nachfolgend berichte.
Hilfstransporte
Eigentlich wollte ich Sie an dieser Stelle über unseren dritten Hilfstransport informieren. Aber leider warten wir immer noch auf das angebotene Schulmöbel. Offenbar haben die Leute in unserer Stadtverwaltung „alle Zeit der Welt“. Zusammen mit der Schule erwarten wir nun schon über drei Monate die Entscheidung.
Persönliches
Gary Deckant ist der „große Unbekannte“, der seit vielen Jahren für die Übersetzung unserer Internetseite ins Englische verantwortlich ist. Herr Deckant lebt in den USA und arbeitet freiberuflich als zertifizierter Übersetzer. Seine familiären Wurzeln in den Unterkarpaten verbinden ihn in besonderer Weise mit unserem Verein. In diesen Tagen begeht er seinen 65. Geburtstag. Wir gratulieren ganz herzlich und danken ihm an dieser Stelle ausdrücklich für seine Übersetzungsarbeit.
Projekte und Unterstützungen
Gemeinsam feiern die protestantischen Kirchen und Freikirchen der Unterkarpaten in diesem Jahr „500 Jahre Reformation“ in vier Festgottesdiensten. An einem konnte ich bei meinem Besuch im April in Beregszász teilnehmen. Vor dem Gottesdienst sah ich, wie Bischof Sándor Zán einen Mann begrüßte, der mir bekannt vorkam. Ich musste erst ein wenig überlegen, aber dann erinnerte ich mich. Vor zig Jahren hatten wir dem damals jungen Mann geholfen, seine Gedächtnisschwierigkeiten zu überwinden. Der Bischof berichtete mir später über die erfreuliche Entwicklung dieses Mannes. Er habe Familie, zwei Kinder und arbeite aktiv in der Kirchgemeinde mit.
Dank gezielter Spenden können wir in diesem Jahr auch wieder die Jugend-Sommerfreizeiten in der Reformierten Kirche der Unterkarpaten unterstützen. Damit kann auch Jugendlichen aus ganz armen Familien eine Teilnahme ermöglicht werden.
Durch unsere Hilfe konnten im vergangenen Jahr Steine für den Neubau der Terrasse und die Umgestaltung des Hofes im Zigeuner-Kindergarten in Vári gekauft werden. Ich schrieb im letzten Jahresbericht davon. Doch die Verlegearbeiten konnten durch die Arbeitskräftesituation damals noch nicht erledigt werden. Nun kann ich auch davon berichten. Die Terrasse ist fertig und die Arbeiten an den Wegen waren bei meinem Besuch im April nahezu abgeschlossen.
Im Jahresbericht 2016 hatte ich auch den Kauf eines Hauses für eine arme Familie erwähnt. Inzwischen hat sich die Situation ein wenig geändert. Die Familie ist immer noch arm und benötigt dringend ein neues Zuhause. Aber die beiden holländischen Stiftungen sind aus dem Projekt ausgestiegen. Außerdem zieht sich die Zusage für den Kauf eines möglichen Gebäudes hin. Herzlichen Dank allen Gebern, die bereits dafür gespendet haben. Wir stehen zu unserer Zusage der Unterstützung für dieses Projekt und hoffen sehr, dass sich „Türen öffnen“ und es mit der Realisierung voran geht.
Spenden für dieses Projekt bitte mit dem Kennwort: Haus
Im Herbst vorigen Jahres wurde in Beregszász ein „Christlicher Diakonischer Hauspflegedienst“ gegründet. Er arbeitet übergemeindlich. Bisher sind fünf Pflegekräfte ausschließlich in Beregszász tätig, die alle über eine entsprechende Fachausbildung verfügen. Nun sollen zwei weitere Pflegekräfte ihren Dienst in Vári aufnehmen. Nach dem Weggang großer Teile der jüngeren Generation und der damit verbundenen Zerstörung familiärer Strukturen ist der Aufbau einer Hauskrankenpflege ein dringendes Anliegen.
Neues gibt es auch vom Rehabilitationszentrums „Vergissmeinnicht“ in Vári (früher „Alte Mühle“) zu berichten.
Im Nebengebäude können jetzt Küche und Speisesaal genutzt werden. Auch die von uns gekauften Apfelbäume sind gepflanzt. Sie sollen einmal ihren Teil zur Eigenversorgung mit Lebensmitteln beitragen.
Bei meinem Besuch ist auch die von unserem Verein vor vielen Jahren gekaufte Ölmühle wieder in mein „Blickfeld“ geraten. Sie versieht dort gute Dienste und gibt dem Namen „Alte Mühle“ einen ganz anderen Sinn. Das damit hergestellte Sonnenblumenöl wird in ordentlichen Flaschen abgefüllt und mit einem Etikett mit „Vergissmeinnicht“-Logo versehen in den Läden der umliegenden Dörfer verkauft. Gleiches geschieht auch mit Pelmeni (russische Teigtaschen ähnlich den italienischen Tortellini), die von den Kindern in Zusammenarbeit und unter Anleitung der Köchin hergestellt und dann in Assietten verpackt den Weg in die Geschäfte antreten.
Augenscheinlich sind auch neue Bänke auf dem Gelände und weitere gepflasterte Wege. Neu ist auch „Tornado“. Aber – Tornado ist ein Pony und „lammfromm“. Als „neuer Mitarbeiter“ im Reha-Zentrum ist er für die Therapie und als Erlebnis- und Streicheltier für die behinderten Kinder zuständig.
Wenn Sie die Arbeiten im Rehabilitationszentrum „Vergissmeinnicht“ unterstützen möchten, überweisen Sie bitte mit dem Kennwort: Behinderte
Sie sehen, wir haben im ersten Halbjahr wieder verschiedene Projekte unterstützen können. Das ist nur möglich, weil Sie uns die nötigen Mittel zum Weitergeben anvertrauen. Herzlichen Dank für alle bisherigen Spenden!
Schon jetzt – mitten im Sommer – möchten wir Ihnen unsere Weihnachtspäckchenaktion ans Herz legen, denn unsere Aktion „Weihnachtsfreude“ organisieren wir in diesem Jahr zum 20. Mal!
Für heute grüßen wir Sie herzlich aus Lengenfeld und wünschen Ihnen eine schöne und erholsame Sommerzeit. Bleiben Sie Gott befohlen!