2015 – Halbjahresbericht
Leider kann ich Ihnen noch kein Ende der Auseinandersetzungen oder des Krieges in der Ostukraine mitteilen.
In unseren Medien ist es dazu ruhig geworden. Dieses Thema ist leider von anderen, „interessanteren“ Meldungen größtenteils verdrängt worden.
Situation vor Ort
Der Wechselkurs ist seit Jahresbeginn weiter gefallen. Tauschte ich im November 2013 noch 1 Euro für rund 11 Griven, bekam ich ein Jahr später, also im November 2014 bereits 20 Griven. Anfang Februar 2015 lag der Kurs bei 1:23, Ende Februar bereits bei 1:35! Inzwischen liegt er wieder bei 1:25. Die Preise haben sich dem steigenden Kurs ganz schnell angepasst. Aber jetzt, nachdem er wieder gefallen ist, sind die Preise auf dem hohen Niveau geblieben.
So haben sich beispielsweise Arzneimittel innerhalb eines Jahres um ca. 100 % verteuert. Die Menschen können sich selbst elementarste Dinge nicht mehr leisten. So ist es heute üblich, dass in den Apotheken nur 2 oder 3 Tabletten gekauft werden! Mehl ist 30 % teurer geworden. Das Durchschnittseinkommen von ehemals 100 Euro ist jetzt nur noch rund 40 Euro, eine Rente 30 Euro wert. Aber: Ein Rentner muss allein ein Drittel seiner Rente für den Kauf von Brot ausgeben. Kommt ein Medikament dazu, reicht das Geld nicht für die Stromrechnung.
Kein Wunder, dass viele kleine Läden schließen mussten und Betriebe Pleite gehen, weil sie durch die wenigen Einnahmen ihre Kosten nicht mehr decken können.
Dramatisch ist auch die Lage auf dem Energiesektor. So muss beispielsweise Strom von der Wirtschaft und auch von den Kirchen zwei Monate im Voraus bezahlt werden, von Privatkunden einen Monat. Überhaupt sind die Preise für Energie und Gas in astronomische Höhen gestiegen und steigen weiter. Weil die Strom- und Gasversorger eine Monopolstellung haben, sind die Menschen ihnen dort völlig ausgeliefert und ohne Alternative.
Auch der Umgang der Ukraine mit den eigenen Soldaten ist zutiefst schändlich. Sie bekommen nur einmal am Tag etwas zu Essen. Was an Kleidung der Gefallenen noch brauchbar ist, wird den Toten ausgezogen und weiterverwendet. Überhaupt versucht man mit allen Mitteln, die Männer zur Unterschrift als „Freiwillige“ zu bewegen. Denn dann gelten keine Beschränkungen mehr für den Einsatz und im Falle ihres Todes braucht man auch den Witwen keine Rente zu bezahlen.
Auf einer Weiterbildung der Armee für Bürgermeister wurde denen eine Möglichkeit aus der Hitlerzeit genannt, wie sie mehr freiwillige Soldaten stellen können; alle Bewohner eines Dorfes heraus treiben, 5 Männer sofort erschießen, der Rest kommt freiwillig.
Die 128. Brigade aus Munkács (Unterkarpaten) war im Kessel von Debalzewo im Einsatz. Der ehrenvolle Empfang der heimkehrenden „Helden“ fiel aus. Erst in der Nacht kamen die Überlebenden in Bussen an, viel weniger, als Munkács einst verlassen hatten.
Anfang März bat die zuständige Gesundheitsbehörde bei der Gebietsregierung der Unterkarpaten in einem Brief an die Leitung der Reformierten Kirche um Hilfe bei der Beschaffung der Impfstoffe für die Kinderschutzimpfungen der Babys. In dem Schreiben teilten sie mit, dass bereits seit Herbst letzten Jahres die üblichen Impfungen der Neugeborenen wegen Geldmangels nicht mehr durchgeführt werden konnten. Das betraf bis zu diesem Zeitpunkt mehr als 5.000 Kinder. Und täglich kommen weitere dazu.
Die Reformierte Kirche kümmert sich um zwei Flüchtlingsfamilien aus dem Osten des Landes, die in einem Gebäude der Diakonie untergekommen sind. Desweitern versucht die Kirche, die Familien finanziell zu unterstützen, deren Männer im Krieg sind, weil sie ja keinen Ernährer mehr haben.
Das sind nur ein paar wenige Eindrücke, wie das Leben der Menschen in den Unterkarpaten derzeit aussieht. Und keiner versteht, warum die EU immer noch einen sinnlosen Krieg finanziert, der jeden Tag neue, unschuldige Menschenleben fordert.
Nicht wenige verlassen ihre Heimat, einerseits, weil sie das elende Leben satt haben, andererseits aber auch aus Angst vor dem Krieg und seinen Auswirkungen, und suchen ihr Glück anderswo. Andererseits erlebe ich auch Menschen, die bleiben wollen, weil es ihre Heimat ist. Ein Mann erzählte mir, dass er sich nicht vorstellen könne, wegzugehen, weil seiner Meinung nach nirgendwo sonst auf der Welt so viele Wunder erlebbar wären.
Hilfstransporte
Drei Transporte mit Hilfsgütern wurden im ersten Halbjahr durchgeführt und dabei u. A. Verbandsmaterial und andere medizinische Artikel, Fahrräder und auch Windeln für Erwachsene transportiert.
Projekte und Unterstützungen
Der Ausbau des Rehabilitationszentrums „Vergissmeinnicht“ in Vári (früher „Alte Mühle“), geht entsprechend den finanziellen Möglichkeiten weiter voran.
Im größeren Teil des Gebäudes wurde das Erdgeschoß fertiggestellt und wird momentan als Behandlungsraum genutzt. Auch der Außenputz ist angebracht. Aber aus finanziellen Gründen kann leider der Farbanstrich noch nicht erfolgen. Die Gästezimmer sind seit Anfang des Jahres nutzbar. Dort übernachten Familien mit ihren behinderten Kindern, die aus weiter entfernt liegenden Orten kommen und nicht jeden Tag nach Hause fahren können.
Der Raum mit dem Bassin für die Unterwasserbehandlungen ist ebenfalls fertiggestellt, die Therapien werden demnächst beginnen. Auf dem Spielplatz wurde ein Trampolin eingegraben. Somit ist es den behinderten Kindern möglich, das ebenerdig zu nutzen.
Auch bei dem Nebengebäude, das einmal u. A. als Speiseraum dienen soll, sind die ersten Baumaßnahmen sichtbar. Dort wurde ein Teil des Daches neu eingedeckt. Weitere Spenden für die Fortführung der Arbeiten sind nötig.
Überweisungen für dieses Projekt bitte mit dem Kennwort: BEHINDERTE
Leider hat sich die Situation für den Gurkenanbau nicht grundlegend verbessert. Wir hatten darüber nachgedacht, für Familie Léhán (s. auch die letzten Berichte) die Erweiterung der Anbaufläche auch unter Folie zu ermöglichen. Durch die wirtschaftliche Lage sind die Absatzmöglichkeiten wie auch die Erlöse momentan sehr gering und ein Ausbau gegenwärtig nicht sinnvoll.
Finanziell unterstützt haben wir zwei Familien mit kranken bzw. behinderten Kindern bei den Diagnose- und Arztkosten. Der kleine Attila aus Tiszabökény ist – wohl infolge vorgeburtlicher Probleme – behindert und kann auch nicht sprechen. Das Mädchen aus Beregszász leidet an einer sehr seltenen Krankheit. Nach vielen Arztbesuchen und Untersuchungen wurde endlich das Ehlers-Danlos-Syndrom diagnostiziert. Das ist eine Störung im Bindegewebe, die hauptsächlich durch Überdehnbarkeit der Haut und überbewegliche Gelenke gekennzeichnet ist. In ganz Ungarn sind wohl nur 6 Fälle bekannt. Und die Besonderheit in diesem Falle ist, dass die Krankheit fast immer erst ab ca. 40 Jahren auftritt. Ein betroffenes Kind ist also die Ausnahme der Ausnahmen.
In der Reformierten Kirche werden in der Ferienzeit wöchentliche Freizeiten oder Sommercamps veranstaltet, die jährlich von 2.500 bis 2.600 jungen Leuten besucht werden. In der Vergangenheit wurden die Kosten dafür jeweils zu einem Drittel von den Teilnehmern, der örtlichen Kirchgemeinde und der Reformierten Kirche der Unterkarpaten getragen. Durch die jetzige Lage in der Ukraine haben aber immer weniger Menschen immer weniger Geld. Das wirkt sich auch auf die einzelnen Geldgeber für diese Freizeiten aus. Wir haben uns in diesem Jahr auch an den Kosten dafür beteiligt.
Ich schrieb Ihnen oben von den nicht mehr finanzierbaren Impfungen für Neugeborene in den Unterkarpaten. Das hat ein Mann aus dem Vogtland zum Anlass genommen, anlässlich seines 60. Geburtstages um Spenden für dieses Projekt zu bitten. Eine tolle Idee, die gerne Nachahmer finden kann.
Sie sehen, wir haben im ersten Halbjahr wieder verschiedene Projekte unterstützen und einzelnen Familien helfen können. Das ist nur möglich, weil Sie uns die nötigen Mittel zum Weitergeben anvertrauen. Herzlichen Dank für alle bisherigen Spenden!
Für heute grüßen wir Sie herzlich aus Lengenfeld und wünschen Ihnen eine schöne und erholsame Sommerzeit. Bleiben Sie Gott befohlen!