2014 – Jahresbericht

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ Gerade im Blick auf die Situation in der Ukraine, die nun schon fast ein Jahr von Unruhen und kriegerischen Auseinandersetzungen erschüttert wird und die uns Deutschen manchmal weiter entfernt scheint als die ganze westliche Welt, muss ich oft an diesen Vers aus der Bibel denken. „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden …“ – Vielleicht erleben wir deswegen so wenig Frieden – zwischen den Völkern wie auch im zwischenmenschlichen Bereich – weil wir den anderen, den ersten Teil des Verses zu oft außer Acht lassen.

Die Menschen in den Unterkarpaten müssen keine Schießereien und Bombardierungen erleiden, sind aber von der Lage im Land genauso betroffen wie die Mehrzahl der Millionen Ukrainer und leiden darunter. Als überwiegend ländlich geprägte Gegend müssen sie eher überdurchschnittlich viele Soldaten stellen. In der Stadt, noch dazu in der Großstadt, lässt es sich leichter untertauchen und die Rekruten sind „nicht auffindbar“. Die Männer müssen bei ihrer Einberufung zum Kriegsdienst neben Kleidung, einer bestimmten Menge Essen und Geld auch Armeestiefel, Helm und kugelsichere Weste mitbringen, und „natürlich“ auch selbst finanzieren. Lediglich die Waffe stellt die Armee. Die Unterkarpaten haben inzwischen schon 20 gefallene Ehemänner, Söhne und Väter zu beklagen. Auch die jungen Männer, die „nur“ ihren Grundwehrdienst leisten bzw. geleistet haben, tragen in der Regel gesundheitliche Probleme davon. Der permanente Druck eines möglichen Fronteinsatzes hinterlässt meist psychische Spuren. Ich selbst habe einen jungen Mann nach seinem Wehrdienst kennengelernt, der seitdem unter nervösen Magenproblemen leidet.

Der Kurs ist weiter gefallen. Tauschte ich im November 2013 noch 1 Euro für rund 11 Griven, bekam ich ein Jahr später, also im November 2014 bereits 20 Griven. Und die Preise steigen und steigen. Da die Einkommen aber fest sind, haben die Menschen jetzt nur noch etwas mehr als die Hälfte ihres früheren, ohnehin nicht hohen Lohnes in der Tasche. Auch die Landwirtschaft steckt in einer großen Krise. Die Ernte in diesem Jahr war schlecht. Zudem sind durch die Situation im Land für landwirtschaftliche Güter nur niedrige Preise zu erzielen. Viele Menschen in den Unterkarpaten haben einfach kein Geld für die neue Aussaat im Frühjahr. Jeder Arbeitgeber (dazu zählt auch die Kirche) muss für alle Beschäftigten 1,5 % ihres Lohnes als „Kriegssteuer“ abführen. Ab Januar 2015 ist eine Anhebung des Strompreises um 40 % angekündigt.

Die wirtschaftliche Situation ist schlecht. Die Armut und Unsicherheit unter den Menschen wird immer größer. Die seelische Belastung ebenso. Keiner weiß, wie und wann das enden wird. Ich hörte den Satz: „Sicher ist nur, was gestern war!“
In dieses ganze Elend und die Hoffnungslosigkeit hinein, versuchen wir als Hilfsverein positive Zeichen zu setzen, immer wieder Hilfen zu bringen, Unterstützung zu geben und – wenn auch oft nur punktuell – größte Not zu lindern. Ich möchte Ihnen nun aus unserer Arbeit berichten. Vielleicht sind Sie schon gespannt auf Neuigkeiten über das eine oder andere Projekt.

Hilfstransporte

In diesem Tagen geht die sechste Hilfssendung dieses Jahres in die Unterkarpaten auf Reisen. Dabei wurden neben Pflegebetten, Feuerwehr-Ausrüstung und Kinderwagen auch wieder Erwachsenen-Windeln transportiert.
Leider hat sich die Situation an der Grenze wieder verschlechtert.

Weihnachtspäckchenaktion

Viele größere und kleinere Spenden ermöglichen, dass auch in diesem Jahr rund 5000 Kinder in den Unterkarpaten mit einem wunderschönen Weihnachtsgeschenk überrascht werden können. Und wenn auch die genaue Spendensumme dieses Jahres zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht feststeht, so dürfen wir doch ein deutlich stärkeres Interesse durch den Konflikt in der Ukraine bei vielen Menschen feststellen. Das bisherige Ergebnis machte es auch möglich, den Wert pro Päckchen in diesem Jahr zu erhöhen. Es macht uns sehr dankbar, wenn wir staunend vor einer solchen Spendensumme stehen.
Gerade in diesem Jahr voller Unruhen, sich dramatisch verschlechternder Lebensbedingungen und der vielen Ängste und Unsicherheiten freuen sich die Jungen und Mädchen nicht nur über eine tolle Überraschung, sie zeigt ihnen und oft auch ihren ganzen Familien, dass sie nicht vergessen sind!
Herzlichen Dank allen, die für diese Aktion spenden und beten.


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Dieses Kinderheim kann im Winter nur mit geländegängigem Fahrzeug erreicht werden. Oft freut sich die ganze Familie über das Weihnachtsgeschenk der Kinder.

Persönliches

Bei den alle vier Jahre stattfindenden Kirchenleitungswahlen wurde Sándor Zán mit überwältigender Mehrheit erneut zum Bischof der Reformierten Kirche der Unterkarpaten gewählt. Für ihn ist es die letzte Amtszeit und endet 2018. Am 21. Januar 2007 wurde er in das Bischofsamt eingeführt. Nach den dort geltenden Regelungen darf der Bischof das Amt maximal drei Perioden ausüben.

Projekte und Unterstützungen

Vom Rehabilitationszentrum „Alte Mühle“ für behinderte Kinder gibt es Erfreuliches zu berichten. Auch Dank unserer Unterstützung wurden in diesem Jahr allerhand Fortschritte gemacht. Nach langem Hin und Her ist die Grundstücksfrage endlich geklärt. Im größeren Gebäudeteil wurde das Dach komplett erneuert. Dort läuft momentan der weitere Ausbau. Im Erdgeschoß wurden bereits neue Fenster und die Heizung eingebaut. Mit Hochdruck wird daran gearbeitet, um den Raum möglichst zur Weihnachtsfeier für die Behinderten nutzen zu können. Die Gästezimmer über den Behandlungsräumen sind soweit fertig, dass im Januar nächsten Jahres der Betrieb beginnen soll. Dann können Familien mit ihren behinderten Kindern aus weiter entfernt liegenden Orten jeweils für eine Woche zur Therapie nach Vári kommen. Derzeit sind 19 Kinder in Behandlung und bekommen eine ihrer speziellen Behinderung entsprechende Therapie. Das Bassin für die Unterwasserbehandlungen ist eingebaut, der Raum steht kurz vor seiner Fertigstellung. Auch im Außenbereich wurden weitere Schritte realisiert, so zum Beispiel ein kleiner Spielbereich angelegt. Doch auch hier sind noch viele Aufgaben zu lösen und bedürfen weiterer Hilfe. Manche Kosten sind „unsichtbar“. So liest sich „die Grundstücksfrage ist geklärt“ leicht, hat aber allerhand Geld gekostet. Wir freuen uns über jede Spende für den weiteren Ausbau der „Alten Mühle“.

Überweisungen bitte mit dem Kennwort: Behinderte

Das neue Dach erstreckt sich nun über das ganze Gebäude. Ansicht von hinten; im Vordergrund der kleine Spielbereich der Flur vor den Gästezimmern. Blick in eines der Gästezimmer

Bassin für die Unterwasserbehandlung

Der aus einer sehr armen Familie in Vári stammende Dániel Kiss hat sein durch großzügige Spenden möglich gewordenes Saxophon-Studium in diesem Jahr beendet. Er arbeitet zur Zeit in einer Bäckerei. Pfarrer Sándor Zán möchte mit dem neuen Direktor der Musikschule in Vári über eine mögliche Anstellung von Dániel sprechen. Ab 2015 soll dann ein weiterer Junge bei seinem Musikstudium unterstützt werden. Er ist hochbegabt und wird Geige studieren. Auch er kommt aus einer Familie, die nicht in der Lage ist, das Studium zu finanzieren.
József, inzwischen 12 Jahre alt, nutzt weiterhin einmal pro Woche die Therapie in Ungarn. Eine Konsultation bei einem Professor im Sommer im ungarischen Pécs, ob eine Operation der Beine bei József nötig ist oder hilfreich sein kann, ergab, dass momentan keine OP erforderlich sei. Der Professor riet, die Behandlung fortzusetzen und bat um eine neuerliche Vorstellung im April 2015.
Spenden für die Finanzierung seiner weiteren Behandlungen bitte mit dem Hinweis: Josef
Auf Bitten von Bischof Sándor Zán haben wir Familie Léhán unterstützt und den Anbau von Gurken in diesem Jahr möglich gemacht. Zum Halbjahr habe ich Ihnen bereits darüber berichtet. Nun galt es, Bilanz zu ziehen.

Für Familie Léhán war es kein gutes Startjahr. Bedingt durch oftmals kalte Nächte, viel Regen und auch durch die fehlende Erfahrung konnte nicht die erhoffte Menge Gurken geerntet werden. Aber auch Gurken-Experten sprachen von einem „schwachen Jahr“. Wenn man die nötigen Investitionen vom Erlös abzieht, bleibt für die Familie lediglich ein Reingewinn von rund 400 Griven (nach derzeitigem Kurs rund 20 Euro!). Unsere Starthilfe half der Familie über die größten Sorgen hinweg. Sie hofft auf ein besseres Jahr 2015.
Manches könnte noch angeführt werden. Da sind immer wieder Medikamente, die wir finanzieren und teilweise auch beschaffen. Oder die zwei Saugkörbe für die kirchliche Freiwillige Feuerwehr in Dercen, die jetzt im November übergeben wurden. Diese verhindern, dass beim Ansaugen von Löschwasser aus Flüssen und Teichen Schmutz und Unrat mit in die Schläuche gelangt.

Familie Léhán und HVU-Geschäftsführer Christian Ehrler (links)
Übergabe der Saugkörbe an die Feuerwehr in Dercen (v. links n. rechts: Bischof Sándor Zán, HVU-Geschäftsführer Christian Ehrler und Pfarrer und Leiter der Feuerwehr Dercen Miklós Zsukovszky)

Wir danken Ihnen herzlich für all Ihre Unterstützung, für Ihr Interesse, Ihre Mitarbeit und Engagement, für Ihre Gebete und Ihre Spenden in diesem Jahr 2014.
Ohne Sie wäre alle Hilfe für die Menschen in den Unterkarpaten nicht möglich geworden. Und wenn es auch oft nur der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“ ist, so kann er für den Empfänger groß und wertvoll sein. Jeder Tropfen ist ein Zeichen der Liebe und der Hoffnung, ohne die unsere Welt verarmt und die uns jedoch innerlich ein ganzes Stück reicher machen können. Und jeder Tropfen ist ein Zeichen wider das Vergessen. Für uns ist es immer wieder eine Chance, Bescheidenheit zu lernen und Dankbarkeit zu praktizieren. Herzlichen Dank, dass Sie den Menschen in den Unterkarpaten und unserem Hilfsverein so treu verbunden sind. Wir staunen darüber, dass Gott immer wieder Menschenherzen bewegt und zum Helfen bereit macht. Besonders dankbar sind wir für alle erlebte Bewahrung auf den Reisen im zu Ende gehenden Jahr 2014.

Auch 2015 können wir mit unserer Hilfe dazu beitragen, Menschen in den Unterkarpaten ihre Sorgen abzunehmen und Probleme zu erleichtern. Und wir geben Ihnen damit oft auch ein ganzes Stück neue Hoffnung. Dankbare Menschen und frohe, glückliche Gesichter – das lohnt sich!

Bekanntlich tragen viele Schultern manche Last leichter. Deshalb bitten wir Sie auch im neuen Jahr um Ihre Hilfe und Unterstützung. Behalten Sie die notleidenden Menschen in den Unterkarpaten in Ihrem Herzen. Und bitte machen Sie die Arbeit und Projekte des Hilfsvereins Unterkarpaten auch unter Ihren Verwandten, in Ihrem Bekannten- und Freundeskreis, bei Ihren Arbeitskollegen und Mitschülern sowie in Gemeindekreisen und Vereinen bekannt. Wir freuen uns auf Ihre Ideen und Aktivitäten.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien eine besinnliche Adventszeit, ein frohmachendes Weihnachtsfest sowie Gottes Segen für das neue Jahr!