Halbjahresbericht 2010
Vielleicht sind Sie schon auf Reisen oder werden demnächst in den Urlaub starten. Oder Sie verbringen den Sommer zuhause, mit Ausflügen in die Umgebung, Baden oder im eigenen Garten.
Wir möchten Sie gerne wieder über Neuigkeiten aus unserer Arbeit, über Hilfen und Projekte und die Lage in den Unterkarpaten informieren.
Situation vor Ort
Viktor Janukowitsch ist neuer Präsident der Ukraine. Nach westlichem Schubladen-Denken wird er als „pro russisch“ bezeichnet. Tatsächlich hat sich seit seiner Amtsübernahme manches geändert. So feierten beispielsweise bei den Mai-Feierlichkeiten Symbole aus der Sowjetzeit ihre „Auferstehung“, auf zahlreichen Gedenkfeiern wurde an den Sieg über Hitlerdeutschland erinnert und die Kinder mussten zu entsprechenden Schulappellen antreten. Andererseits zahlen Kirchen für Energie nun nicht mehr den teuren Industrietarif, sondern die deutlich niedrigeren Preise wie Privathaushalte. Das führt insbesondere zu einer spürbaren Entlastung des Kostendrucks bei den Armenküchen, der Brotbäckerei der Diakonie oder in den Kinderheimen.
Auch die Parlamentswahlen in Ungarn sind für die Menschen in den Unterkarpaten von Bedeutung, unterstützt doch der ungarische Staat die dortige Minderheit bei zahlreichen Vorhaben zum Beispiel in Bildung und Kultur.
Interessant ist, dass in beiden neuen Regierungen keine Frauen vertreten sind. Während das „Frauenbild“ der ungarischen Regierungspartei von westlichen Journalisten massiv kritisiert wurde, fand diese Situation in Kiew kaum Erwähnung. Soviel zum Thema „objektive Berichterstattung“ in unseren Medien.
Persönliches
Bischof Sándor Zán Fábián (Mitte) während der Auszeichnung / Offizierskreuz des Verdienstordens der Republik Ungarn (links)
Am 12. März 2010 wurde der Bischof der Reformierten Kirche der Unterkarpaten, Sándor Zán Fábián, für seine Verdienste für die ungarische Minderheit und die reformierte Kirche in den Unterkarpaten mit dem Offizierskreuz des Verdienstordens der Republik Ungarn ausgezeichnet. Er ist der zweite Empfänger dieser hohen Auszeichnung auf dem Gebiet der heutigen Ukraine. Wir gratulieren dazu sehr herzlich.
Pfarrer Péter Szeghljánik war mit freiwilligen Helfern aus seiner Kirchgemeinde in den vergangenen Wochen im Rahmen der Hochwasserkatastrophe in Nordungarn im Einsatz.
Hilfstransporte
Im ersten Halbjahr konnten wir drei unterschiedlich große Hilfstransporte auf den Weg in die Unterkarpaten bringen. Dabei wurden u. A. auch Geschirr, Lampen und verschiedene Haushaltsgegenstände für Familie Ombodi in Nagybereg transportiert (lesen Sie dazu auch unter „Projekte und Unterstützungen“).
Bei unserem Besuch im Mai wurden wir noch einmal auf den Windeltransport im letzten Jahr angesprochen. Was für eine enorm große Hilfe das für die Betroffenen war, wurde uns besonders deutlich, als wir erfuhren, dass ein Paket Erwachsenen-Windeln dort umgerechnet rund 17 Euro kostet und man die einzelne Windel auch für ca. 60 Cent kaufen kann. Im Vergleich dazu beträgt eine durchschnittliche Rente zwischen 60 und 80 Euro pro Monat.
Besondere Veranstaltungen und Präsentationen unserer Arbeit
Unter dem Titel „Ein Nichtort – oder Die Galoschen des Glücks“ stand eine Ausstellung mit ungewöhnlichen Aufnahmen von Evi Lemberger im Lengenfelder Ratssaal Ende April. Zu sehen war eine kleine Auswahl aus den rund 1500 während einer vierwöchigen Reise durch die Unterkarpaten im Frühjahr 2009 entstandenen Fotos mit einer ganz eigenen Interpretation dieser Region.
Die Ausstellung in Lengenfeld zeigte die Aufnahmen erstmals in Deutschland in ihrer Gesamtheit. Zur Eröffnung mit dem Bürgermeister und musikalischer Umrahmung durch die Familie Dörfel aus Lengenfeld kam Evi Lemberger extra aus England angereist.
Erst vor wenigen Tagen fand das Benefizkonzert des Musikvereins Mylau/Reichenbach zugunsten unseres Projektes „Josef“ auf der Freilichtbühne im Stadtpark Lengenfeld statt. Bei herrlichstem Sommerwetter konnten die zahlreichen Zuhörer ein wirklich abwechslungsreiches Programm erleben, von den Sitzbänken aus Sonne tanken oder aus dem Schatten der Bäume heraus den wunderbaren Ausblick auf die Stadt genießen, mit Bratwurst und Getränken für den guten Zweck essen und trinken und natürlich direkt für das Projekt spenden.
Präsentationen über die Arbeit des Hilfsvereins Unterkarpaten erfolgten darüber hinaus auf dem „Markt der Möglichkeiten“ im Rahmen der Landeskonferenz des Sächsischen Gemeinschafts- und EC-Verbandes Anfang Mai in der Stadthalle Zwickau und am ersten Juni-Wochenende bei der „Proschwitzer Parklust“. Alexandra Prinzessin zur Lippe hatte uns zum wiederholten Male einen Informationsstand bei einer der Veranstaltungen auf Schloss Proschwitz ermöglicht. Wir haben uns wie immer in der nahezu familiären Atmosphäre sehr wohl und willkommen gefühlt.
Bereits heute möchten wir Sie auf einen weiteren Höhepunkt hinweisen. Anfang Dezember wird in der Kirche Lengenfeld ein Adventskonzert mit Gunther Emmerlich stattfinden. Über nähere Einzelheiten werden wir rechtzeitig informieren.
Projekte und Unterstützungen
József ist nun ein richtiges Schulkind und hat sein erstes Schuljahr erfolgreich abgeschlossen. Wie seine Eltern berichten, sind seine Mitschüler sehr hilfsbereit und sofort zur Stelle, wenn József Unterstützung braucht. Wie jeder andere Schüler auch hat er Stärken und Schwächen, geht gern zur Schule und manchmal auch nicht, ist meist lieb, aber gelegentlich muss die Lehrerin auch mit ihm schimpfen. Seine letzte Behandlung in Truskavec war Ende April. Mitte August wird er wieder dort sein. Wie positiv die Ärzte seine bisherigen Behandlungserfolge einschätzen, zeigt sich beispielsweise daran, dass er kürzlich einen „großen Auftritt“ in einem Werbefilm der Klinik für potentielle neue Patienten aus Kuweit hatte.
Seine Eltern sind glücklich über die Fortschritte, die József macht und sehr dankbar für die Finanzierung der Behandlung, die ohne unsere Hilfe unmöglich wäre. Spenden für seine weiteren Behandlungen erbitten wir auf unser Konto mit dem Kennwort: Josef.
Im Dezember berichtete ich Ihnen über die kleine Anna Balogh und ihre ganz andere Behinderung. Damals hatte sich eine Möglichkeit zur Therapie in Ungvár ergeben. Das bedeutete jedoch, dass der Vater zweimal pro Woche mit dem uralten Familienauto Marke „Lada“ in die 90 km entfernte Gebietshauptstadt fahren musste. Enorme Strapazen für das behinderte kleine Mädchen eingeschlossen. Inzwischen hat sich auch hier eine gute Lösung ergeben. Von der Diakonie wurde für die Behandlung ein Raum zur Verfügung gestellt und die Therapeutin kommt jetzt an zwei Tagen in der Woche nach Beregszász. Für Anna und mittlerweile drei weitere, verschieden behinderte Kinder im Alter zwischen 3 und 11 Jahren gibt es kurze Anfahrtswege und wenig Belastung.
Die Fahrtkosten für die Therapeutin und die Behandlung werden von uns finanziert.
Am 27. Januar 2010 verlor Familie Ombodi in Nagybereg durch eine Gasexplosion und das daraus folgende Feuer ihr Haus und das gesamte Hab und Gut. In einem Spendenaufruf baten wir Sie damals um Ihre Unterstützung. Wir freuen uns sehr, dass wir dank vieler Spenden bei unserem Besuch im Mai einen beachtlichen Betrag zum Wiederaufbau des zerstörten Hauses übergeben konnten. In einem Gespräch zwischen Familie Ombodi junior, dem Ortspfarrer, Bischof Sándor Zán und uns wurde vereinbart, dass die Verwaltung des Geldes und die Nachweisführung der Ausgaben durch den Ortspfarrer erfolgt. Weiterhin wurde ein Verantwortlicher für den Bau benannt, der sich auch bereits um das Projekt und die Genehmigungen gekümmert hatte. Unter seiner Leitung soll der Baufortschritt forciert und Termine für einzelne Bauabschnitte realisiert werden. Zum Zeitpunkt unseres Besuches war der Abriss der Ruine noch nicht vollständig erfolgt. Alle für den Wiederaufbau noch brauchbaren Materialien, vor allem verschiedene Ziegel, wurden separat gelagert.
Inzwischen ist das alte Haus restlos abgebrochen, das Fundament für den Neubau fertig gestellt, verschiedenes Baumaterial gekauft und der Wiederaufbau angefangen.
Auf Bitten von Pfarrer Sándor Zán, dem Kantor sowie dem zuständigen Lehrer aus der Musikschule in Vári beteiligten wir uns an den Kosten für den Kauf eines Saxophons für den 15jährigen Dániel Kiss. Dániel hat in diesen Tagen Schule und Musikschule beendet und möchte gerne ab Herbst in Ungvár Saxophon studieren. Er wird als sehr begabt bezeichnet und ein erstes Vorspiel in der Gebietshauptstadt lässt hoffen, dass er die noch ausstehende Aufnahmeprüfung besteht. Dafür benötigt er jedoch ein eigenes Saxophon. Bisher nutzte er ein Instrument der Musikschule, dass übrigens auch einmal aus Spenden des Hilfsvereins Unterkarpaten angeschafft werden konnte. Dieses würde aber auch aufgrund seines Zustandes keine höhere Stufe der Ausbildung zulassen.
Dániel wurde am Himmelfahrtstag in unserem Beisein konfirmiert. Am Nachmittag, also nur wenige Stunden nach dem Festgottesdienst, besuchten wir Dániel zuhause, um das neue Instrument anzuschauen und auch ein paar Proben seines Könnens zu hören. Konfirmation wird in den Unterkarpaten auch als Fest der ganzen Familie begangen. Wie wir erfahren haben, gibt es je nach den finanziellen Möglichkeiten eine größere, bei armen Leuten eine kleine Feier. Dániels Konfirmation wurde überhaupt nicht gefeiert, weil die Familie ärmer ist als arm. Er hatte einen einfachen Jogging-Anzug an und bat uns, hineinzukommen. Natürlich zeigte er uns das Instrument und spielte verschiedene Stücke vor. Die ganze Situation hat uns sehr erschüttert und betroffen gemacht.
Wir haben Dániel und seiner Familie versprochen, dass wir uns auch an den Studienkosten beteiligen werden. Näheres erfahren wir nach Aufnahme und Studienbeginn im Herbst.
Wenn Sie zur Finanzierung des Studiums von Dániel Kiss beitragen möchten, dann verwenden Sie bitte bei der Überweisung das Kennwort: Daniel.
Für heute grüßen wir Sie herzlich aus Lengenfeld und wünschen Ihnen eine schöne Sommer- und Urlaubszeit und gute Erholung. Möge Gottes Segen Sie begleiten!